Eine Nachbarschaftsgeschichte über blühende Dächer
Petra Kuntze und Gregor Hauptmann aus Groß Wittfeitzen sind Gartenmeister*innen, die vor Jahrzehnten mit ihrer Idee der Dachbegrünung starteten. Es begann mit Staudenanbau in Waddeweitz auf 1 ha Land; vor 26 Jahren zogen sie nach Groß Wittfeitzen und seit dieser Zeit bieten sie Dachbepflanzung für vorwiegend städtische Dächer an, die von Garten- und Landschaftsgärtner*innen, sowie Dachdecker*innen vor Ort begrünt werden. Inzwischen ist ihr Betrieb auf 4,5 ha gewachsen. Sie hatten 1998 mit dem Staudenanbau begonnen, dieser hat sich nicht besonders gerechnet. Sie haben daraufhin die Dachbegrünung entdeckt und diese an Bedachungsunternehmen sowie Galabauer angeboten. Mit 2kg Sprossen fuhren sie damals zu Unternehmen nach HH und boten diese an. Seit dieser Zeit sind jährlich vom Frühjahr bis zum späten Herbst ganztägig leidenschaftliche Aktivitäten auf ihrem Betrieb zu beobachten. Die Winterzeit von 4 Monaten wird dann etwas ruhiger zur Nachbereitung genutzt.
Die Dachbegrünung hat viele Vorteile
Die Bepflanzung besteht in erster Linie aus Sukkulenten (wasserspeichernde Pflanzen), die keine Pflege brauchen – sogenannte extensive Dachbegrünung – denn sie gedeiht und blüht und reguliert alles von selbst. Sie können als Rollbeete, als Sprossen oder als Pflanzballen in einer Substrat-Schicht von ca. 5 cm auf das Dach angepflanzt bzw. gelegt werden. Diese Pflanzen speichern das Wasser, bieten Kühlung und sind ein biodiverses Paradies für Insekten und Bienen. Die Dächer halten lang (50-80 Jahre) da sie dem UV-Licht nicht ausgesetzt werden und so die Dachhäute geschützt sind. Sie blühen, sie wechseln die Farben in den Jahreszeiten und bieten den Menschen entspannte Augen-Blicke. Die Bepflanzung ist nicht nur pflegeleicht, sondern durch die leichtgewichtigen Sukkulenten, das Dachsubstrat aus Vulkangestein/Ton und wenig Erde besonders leicht für das Dach, eine Flachdachbekieselung dagegen ist schwer. Sogar eine Dachbepflanzung in Kombination mit Solarmodulen ist möglich.
Dachbegrünung als Nischenbetrieb
Ihre zuverlässige Lieferung sowie die extensive Begrünung machen die Gärtnerei zu einem Nischenbetrieb. Grüne Dachbedeckung benötigt zuverlässige Lieferungen zu Zeitpunkten, die eingehalten werden müssen, da besonders innerstädtische Gebiete mehr Vorbereitungslogistik und stabile Organisation brauchen. Als Familienbetrieb können sie zu jeder Tageszeit zügig ernten und ihre Ware pünktlich senden, sie sind flexibel. Allerdings müssen Sprossen oder Pflanzballen dann auch schnell aufs Dach, da sie ungepflanzt nur begrenzt haltbar sind. In der Baubranche sind die Baumaterialien sehr teuer geworden, so wird auch in den Förderprogrammen eher die günstigere Variante der Sprossenwurzelung auf den Dächern bevorzugt. Sprossen sind günstig im Vergleich zu Rollware, die ja direkt grün auf dem Dach ausgerollt werden kann.
Wie sieht der Anbau aus?
Manche von Euch haben Gregor sicherlich schon auf seinen Rollbeeten in Wittfeitzen gärtnern gesehen. Ein Rollbeet hält durch ein Jute-Kunststoffgewebe, das mit 5-6 unterschiedlichen Pflanzenarten bepflanzt wird, denn es sollen sich mind. 3 der Pflanzen durchsetzen.
Es ist weich und kann begangen werden. Die Rollbeete sind pflegeintensiv, brauchen einige Zeit bis die Sprossen wurzeln, können aber nach bis zu 2 Jahren aufs Dach gelegt werden. Sprossen dagegen werden in wenigen Tagen ausgestreut und müssen erst einmal wurzeln. Die Pflanzballen halten länger und wachsen 100% an. Sie können für die Begrünung je nach Vorliebe (z. Bsp. Muster/Farben …) gezielt angepflanzt werden.
Erfahrungen
Ihr Geschäft läuft gut. Sie haben glücklicherweise insgesamt wenig schlechte Erfahrungen mit der Zahlungsmoral der Kundschaft. Die meiste Ware – die Sprossen – werden von heute auf morgen über Paketversand geliefert und machen inzwischen ca 50% des gesamten Verkaufs aus. Rollbeete werden über die Spedition oder selbsttätig geliefert. Ihr Lieferungsraum ist deutschlandweit größer geworden, das Weiteste insgesamt war Finnland. Es ist unter dem Strich ein schnelles und kurzes Jahresgeschäft. Der Fuhrpark und die Fläche sind ebenfalls gewachsen, da ist es notwendig, dass Sven aus Salderatzen tatkräftig mithilft, der eine Festanstellung hat. Sehr viele Arbeitsschritte und Arbeitsbewegungen müssen gedacht, bedacht und ausgearbeitet werden, da bleibt keine bzw. kaum Zeit für Sofa und Urlaub, allerdings hält es fit! Die vielen Kniebeugen, die geraume Zeit gärtnern, hält beide ersichtlich sehr beweglich. Mit fast 60 Jahren möchten sie noch weitere 10 Jahre dabei bleiben, denn es macht ihnen immer noch viel Freude.